Vanessas Geschichte

Vanessa, Klinik, Borderline, Selbstverletzung, Esstörung

Hallo mein Name ist Vanessa, ich bin 21 Jahre alt und ich bin psychisch Krank. Doch was heißt das eigentlich? Immer im Bett liegen, weinen, sich selbst verletzen, Suizidgedanken haben, in Selbstmitleid versinken?

Solche Krankheiten nehmen dir alles. Sie nehmen dir den Lebenswillen und die Freude an all den Dingen die dir einmal Spaß gemacht haben. Sie nehmen dir die Konzentration, deine Intelligenz, deinen Alltag. Du kannst nicht mehr auf deine Gefühle vertrauen, denn selbst wenn´s dir mal ein paar Stunden gut geht, kann es dir von jetzt auf gleich so schlecht gehen, dass du am liebsten sterben würdest.

Ich habe schon mehrere Suizidversuche hinter mir, doch heute bin ich froh am Leben zu sein.

 

Wie alles anfing

Ich kann heute auch gar nicht mehr genau sagen, warum ich mit der Selbstverletzung angefangen habe. Damals war ich 13, hatte in der Schule keine Freunde, war ein typischer Außenseiter und wurde gemobbt. Zuhause die Situation war nicht einfach. Die Stimmung zwischen meinen Eltern war immer angespannt. Es gab oft Streit. Die einzige Person die immer für mich da war, war meine jüngere Schwester. Sie war aber eben auch die Jüngere und ich wollte stark für sie sein, deshalb erzählte ich ihr nichts von meinen Problemen.

Durch das Mobbing in der Schule wuchs mein Selbsthass. Irgendwann glaubte ich dass ich dumm, fett, hässlich und wertlos sei. Ich war sehr oft traurig und wütend, wütend auf die anderen Kinder aber vor allem auf mich. Warum war ich nur so unausstehlich? Was habe ich falsch gemacht? Der Druck in meinem Inneren wurde riesig. Ich wusste nicht wohin damit, und dann fing ich an mich zu verletzen. Der innere Druck wurde weniger und mir ging es für einen Moment besser. Also machte ich weiter. Wohin mich das alles führte wusste ich damals noch nicht. Die Verletzungen wurden mit der Zeit immer häufiger und immer schlimmer. Das blieb natürlich nicht lange unbemerkt.

 

Therapie und Klinik

Meine Mutter schickte mich in Therapie. In der Schule wurde ich nur noch mehr gehänselt. Aber aufhören wollte ich immer noch nicht. Irgendwie war ich davon überzeugt die Selbstverletzung hilft mir. Ich dachte ich verdiene es nicht anders. Mit 15 Jahren kam der erste Klinikaufenthalt. Trotzdem wurden meine Depressionen immer schlimmer und die Verletzungen immer tiefer, sodass sie sogar teilweise genäht werden mussten. Ich bekam Suizidgedanken. Ich fragte mich was das Leben überhaupt noch bringt.

Ich durfte nicht mehr nach Hause, musste die Schule abbrechen und kam in meine erste Einrichtung. Ich hatte so starkes Heimweh. Es war wirklich schlimm. Es folgten unzählige Klinikaufenthalte, und weitere Einrichtungen.

 

Der Versuch aufzuhören

Irgendwann wurde ich volljährig. Zu dieser Zeit hatte ich mich entschlossen, dass ich aufhören will, mich selbst zu verletzen, doch inzwischen war es zur Sucht geworden. Ich begann zu kämpfen. Meine Selbstverletzungen waren zum Teil lebensgefährlich und trotzdem war es so schwer aufzuhören. Ich verdiente doch den Schmerz und das Leid. Ich durfte doch nicht glücklich sein.

Anderseits wollte ich ein normales Leben, die Schule beenden und eine Ausbildung machen. Frei sein. Nicht immer eingesperrt sein. Doch ich schaffte es nicht und flog aus meiner dritten Einrichtung. Dort war mein letzter Suizidversuch der einige Konsequenzen mit sich zog. Eine sehr schlimme Zeit für mich. Ich kam wieder monatelang in die Klinik, aber es ging langsam bergauf. Ich kämpfte mich Stück für Stück da raus. Teilweise habe ich es monatelang ohne Selbstverletzung ausgehalten. Mir ging es auch psychisch besser. Irgendwie wurde ich auch erwachsen und fühlte mich manchen Problemen mehr gewachsen. Doch es war immer noch kein leichter Weg.

 

Von Borderline zur Essstörung

Im Januar 2017 verlegte sich die Borderline-Problematik in eine Essstörung. Ich hatte in den letzten Jahren ziemlich an Gewicht zugelegt und das musste wieder runter. Ich hungerte und machte viel zu viel Sport. Dafür hielt ich 5 Monate durch mich nicht zu verletzen. Ich bin in eine Wohngemeinschaft gezogen. Dort gefällt es mir sehr gut. Aber mein inzwischen gestörtes Essverhalten fiel natürlich auf

Essen musste ich zwar, aber ich aß so wenig wie möglich und trieb sehr viel Sport, auch wenn ich keine Lust hatte. Alles drehte sich nur noch ums Abnehmen. Ich konnte nicht mehr schlafen, wurde unruhig, psychisch gesehen ging es mir  nicht gut. Aber ich wurde immer leichter, alles würde gut werden. Oder doch nicht?

 

Rückfall

Eines Nachts konnte ich nicht schlafen, also trieb ich Sport. Früh morgens bin ich aus dem Haus und 15km Inlineskaten gefahren, ohne davor zu frühstücken. Als ich zurückkam ging es mir wirklich schlecht. Körperlich und psychisch. Ich hatte ein Gespräch mit den Betreuern. Es konnte nicht so weitergehen. Sollte ich wieder in eine Klinik?

In diesem Gespräch hatte ich einen totalen Nervenzusammenbruch. Ich heulte Rotz und Wasser. Ich war so erschöpft. Ich konnte nicht mehr. Es musste sich etwas ändern. Ich versuchte relativ normal zu essen, doch ich hatte solche Angst wieder zuzunehmen. Der Selbsthass wuchs und ich verletzte mich wieder. Das Essen klappte ganz okay. Ich nahm nicht weiter ab. Trotzdem, ich hatte mein Wunschgewicht noch nicht erreicht. Ich wollte auf keinen Fall wieder zunehmen.

Dann kam wieder Selbstverletzung, ziemlich heftig. Ich musste erst in die Klinik, dann ins Krankenhaus, doch da es dort zu heikel wurde musste ich zwischendrin bis zur nächsten OP noch mal kurz in die Psychiatrie. In dieser Zeit erinnerte ich mich wieder daran, wofür ich das alles machte.

 

Ich bin noch nicht am Ende

Seht mal ich bin gerade mal 21, ich habe das ganze Leben noch vor mir.

Ich habe Ziele und Träume, die möchte ich erreichen.

Ich fange dieses Jahr eine Ausbildung an. Endlich ein Stück Normalität.

Ich habe dieses Jahr meinen Führerschein gepackt. Vor ein paar Jahren wäre das noch undenkbar gewesen.

Ich habe seit 11 Monaten einen festen Freund, den ich über alles liebe. Der mich liebt so wie ich bin und der ich immer wieder daran erinnert wie schön das Leben sein kann, denn das ist es.

Ich möchte noch so viel erleben! Die Welt sehen!

 

Gib nicht auf

Ich möchte jetzt die Kinderpflegeausbildung schaffen und mein eigenes Geld verdienen. Irgendwann heiraten, Kinder kriegen, mit meinem Partner alt. Ich will wenn ich alt bin sagen können: “Ich bin froh gekämpft zu haben, mein Leben war schön.”

Ich weiß jetzt nicht wer das alles liest aber glaubt an euch, denn ihr seid stark. Gebt nicht auf.

Rückfälle gehören dazu, aber ihr dürft die Hoffnung nicht verlieren. Wichtig ist, dass ihr wieder nach vorne schaut und weiter kämpft. Ich weiß das ist wirklich schwer und manchmal scheint aufzugeben leichter. Aber haltet durch, ihr schafft das! Die negativen Gedanken sind nicht von heute auf morgen verschwunden aber es wird wirklich leichter. Tag für Tag. Und irgendwann sind die Gedanken vielleicht ganz weg. Ich weiß es nicht. Aber ich hoffe es. Und dafür lohnt es sich weiter zu leben. 🙂

 

 


Wenn du gerade selbst mit Angst, Depressionen oder anderen psychischen Herausforderungen kämpfst, haben wir hier für dich die ersten Hilfemöglichkeiten aufgeschrieben und auch einen Brief an dich geschrieben. DU kannst auch andere ermutigen, erzähle Deine Geschichte! Wir freuen uns auch riesig über deine Nachricht oder deinen Kommentar! Wenn dir der Blog gefallen hat, kannst du ihn natürlich gerne liken, teilen und uns auf Facebook und Instagram folgen @theoceaninyourmind.

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