Mein Name ist Ann, ich bin 17 Jahre alt und gerade auf dem Weg zum Abitur. Ich liebe Musik, das Feeling auf Konzerten im Pit und weiß nicht wo ich ohne Musik heute stehen würde, vermutlich nicht hier.
Es hat angefangen als ich 14 war. Bis dahin war ich immer ein glücklicher und positiver Mensch, leider in dem Alter auch sehr naiv. Ich ging davon aus, dass keiner mir was böses will, wieso auch. Zu dieser Zeit lernte ich eine Person kennen, mit der ich einen relativ großen gemeinsamen Freundeskreis hatte. Ich fühlte mich sehr wohl und wir verbrachten fast jedes Wochenende gemeinsam, bis dieser eine Mensch anfing immer wieder die gleiche Masche abzuziehen.
Erst wurde wegen jeder Kleinigkeit Streit angefangen, sich anschließend verpisst, um spätestens ein paar Tage später wieder angekrochen zu kommen. Da diese Person mir damals unglaublich viel bedeutete, brach mich das jedes Mal ein kleines Stückchen mehr. Das Ganze ging irgendwann so weit, dass es mich durch den emotionalen Missbrauch zur Selbstverletzung brachte, ohne dass ich das selber wollte.
Irgendwann brach ich den Kontakt ab, doch die Selbstverletzung wurde ich nicht los. Anfangs wollte ich noch damit aufhören, doch später nutzte ich sie um mich von emotionalen Schmerzen abzulenken. Ich rutschte in ein tiefes Loch, kapselte mich ab und versank in der Dunkelheit.
Dazu kam, dass ich auf Instagram in eine „pro eatingdisorder community“ geriet. Mein Instagram Feed war voll mit Body Checks, Posts mit Tips wie man schnell viele Kalorien verbrennt und Einträgen wie „# of likes = hours I’ll fast“ oder „name a food in the comments and I won’t eat it for a month“. Die Idee mich auf ungesunde 40kg runter zu hungern war in meinem Kopf verankert.
Da war ich also, zerbrochen und von so vielen äußeren Einflüssen bombardiert, mit denen ich nicht umzugehen wusste. Dadurch, dass ich die meiste Zeit meines Tages auf Instagram verbrachte und mir „Depression Accounts“ reinzog, fand ich einen Account eines Jungen, der seine Gefühle in Form von Texten und anderen Posts preisgab. Wir kamen in Kontakt und, welch Überraschung, die gleiche Masche wie ein paar Monate vorher begann von Neuem.
Mir wurde erst das Gefühl gegeben ich sei besonders und dann wurde ich wieder fallen gelassen. Und das immer und immer wieder. Ich bekam Schlafstörungen und konnte nichts mehr essen, weil ich keinen Hunger hatte. Ich isolierte mich noch mehr und konnte keine Freude mehr empfinden. Ein paar Monate später brach ich auch hier den Kontakt ab, was im Endeffekt die beste Entscheidung war, die ich hätte treffen können.
Auf und ab
Kurz darauf merkte ich wie es plötzlich bergauf ging. Ich fühlte ich mich plötzlich wieder glücklich. Es folgte circa ein halbes Jahr, in dem es mir wirklich gut ging. Ich kam endlich weg von der Selbstverletzung und dachte ich hätte all das endlich überwunden.
Doch dann geriet ich in eine erneute Downphase. Ich schrieb meiner Mutter einen langen Brief in dem ich ihr alles offenlegte, was passiert war. Ich schüttete ihr mein Herz aus und hatte anschließend ein sehr tiefgründiges Gespräch mit ihr. Das war der Punkt, an dem wir beschlossen einen Psychologen aufzusuchen. Circa ein halbes Jahr später begann dann meine Behandlung.
Trotz Behandlung geriet ich kurz darauf noch in eine der schlimmsten Downphasen, die ich je erlebt habe. Ich fing nach anderthalb Jahren wieder an mich zu verletzen und hatte schlimme Selbstmordgedanken. Ich war der Überzeugung, dass Silvester 2016 die letzte Nacht meines Lebens sein würde. Doch zum Glück konnte ich die Gedanken so weit loswerden, dass ich heute hier sitze und meine Geschichte erzählen kann.
Es ist machbar
Heute bin ich froh über die lange gute Phase die ich hatte. Ich hatte es geschafft dem Loch zu entkommen, wenn auch erstmal nur vorübergehend. Aber es ist machbar. Ich habe es selbst erlebt und weiß, dass die guten Phasen wieder kommen. Auch dass ich meine heute beste Freundin schon seit über 2 Jahren habe und sie in jeder Situation zu mir steht ist etwas, was niemals jemand anderes ersetzen kann.
Um zum Punkt zu kommen, wenn sich irgendjemand etwas aus meiner Geschichte mitnehmen will, dann ist mir folgendes wichtig: lasst nicht jeden einfach direkt in euer Leben und euer Herz, nicht jeder hat nur gute Absichten und leider gibt es zu viele, die Gutmütigkeit ausnutzen. Passt auf, wem ihr euch öffnet. Außerdem, auch wenn es manchmal nicht so scheint, es wird bessere Tage geben, ich spreche aus Erfahrung. Wenn euch etwas belastet dann behaltet es nicht für euch sondern erzählt es jemandem. Es in sich rein zu fressen macht euch nur kaputt. Ganz viel Liebe an jeden Einzelnen von euch, ihr seid nicht alleine.
Wenn du gerade selbst mit Angst, Depressionen oder anderen psychischen Herausforderungen kämpfst, haben wir hier für dich die ersten Hilfemöglichkeiten aufgeschrieben und auch einen Brief an dich geschrieben. DU kannst auch andere ermutigen, erzähle Deine Geschichte! Wir freuen uns auch riesig über deine Nachricht oder deinen Kommentar! Wenn dir der Blog gefallen hat, kannst du ihn natürlich gerne liken, teilen und uns auf Facebook und Instagram folgen @theoceaninyourmind.