Was Co-Abhängigkeit in Beziehungen bedeutet und wodurch sie entsteht 

Mein Partner ist alles für mich 

Einfach gesagt äußert sich Co-Abhängigkeit in Beziehungen dadurch, dass ein:e Partner:in emotional von der anderen Person abhängig ist. Kurz zusammengefasst besteht das Verlangen danach gebraucht zu werden, um sich geliebt und wertvoll zu fühlen. Wir fühlen uns übermäßig verantwortlich für die Laune des Partners oder der Partnerin und sehen uns dazu verpflichtet, dessen Probleme zu lösen. Die gesamte Welt dreht sich ausschließlich um sie/ihn. Zu etwas „nein“ sagen geht nicht, denn das wäre egoistisch! – „Ich werde gebraucht, wenn ich es nicht mache, wird mir das nie verziehen!“.

Aus andauernder Angst vor einem Ende der Beziehung entstehen Zweifel daran, ob der/die Partner:in einen noch liebt und ob auch wirklich alles in Ordnung ist. Um die eigenen Verlustängste zu kontrollieren, wird dann versucht die Beziehung ständig mit diesen Fragen zu sichern. Leider ist es in einer Co-Abhängigkeit nicht möglich zu erkennen, dass dieses Verhalten oft das Gegenteil bewirkt. Du siehst: man verfrachtet sich selbst in eine missliche Lage, in der man auf lange Sicht kaum glücklich wird. 

Ich blieb auf der Strecke 

Häufig wird uns beigebracht, dass unsere Bedürfnisse unwichtig oder sogar egoistisch sind. Oft haben in unserer Kindheit unseren Selbstwert nur dadurch aufrecht erhalten können, indem wir Personen die uns nahe standen geholfen haben – auf ganz verschiedene Weisen. Hattest du beispielsweise ein emotional labiles Elternteil, dass dein offenes Ohr brauchte? War dein jüngeres Geschwisterkind krank und brauchte die gesamte Aufmerksamkeit aller? Oder haben sich deine Eltern getrennt oder oft gestritten und du musstest Nachrichten überbringen, Partei ergreifen oder Eskalationen schlichten?

Während jeder wichtiger erschien als du selbst, hast du gelernt deine eigenen Gefühle zu verstecken, um nicht negativ aufzufallen. Denn: nur wenn wir unsere jeweiligen Bezugspersonen zufriedengestellt haben, waren diese auch zufrieden mit uns. Die Wünsche aller anderen zu erfüllen und dich von deinen eigenen abzuspalten war deine Strategie, um Liebe zu erfahren! 

Abhängig von Zustimmung anderer 

Wir haben durch dieselben Dynamiken auch gelernt, dass wir allein dafür verantwortlich sind, Sicherheit und Harmonie herzustellen. Unser stärkster Antrieb ist es, dass wir gemocht werden und keine Fehler begehen. Dem zugrunde liegend ist die tiefsitzende Angst davor zurückgewiesen zu werden und das Gefühl nicht gesehen zu werden. Unser gesamter Selbstwert beruht darauf für andere da zu sein und uns für fremdes Wohl aufzuopfern. Im Grunde leben wir dadurch nur durch und für alle anderen. Es ist uns nur möglich ohne Angst zu sein, wenn unsere Bezugspersonen sich gut fühlen. Falls nicht fühlen wir uns verantwortlich – auch wenn wir gar keine Schuld am Unwohlsein tragen. 

Gib mir einen Sinn

Als Erwachsene haben wir dadurch Schwierigkeiten in der Identifikation unserer Bedürfnisse. Seit wir denken können haben wir uns von ihnen abgespalten. Häufig fällt es dann schwer scheinbar simple Fragen wie „Was unternimmst du gerne in deiner Freizeit?“ oder „Wie stellst du dir einen perfekten Tag vor?“ zu beantworten – wir wissen nicht wer wir sind, was uns Spaß macht und was uns als Person eigentlich ausmacht. Es fehlt ein grundlegendes Selbstverständnis, die Antwort auf die Fragen wer ich bin und wer ich sein will. Im Zuge dieser existenziellen Fragen kann ein Gefühl starker Angst entstehen.

Diese Angst lindern wir, indem wir uns in enge Beziehungen begeben. In diesen können wir sinnstiftende Verhaltensweisen replizieren – wie früher. Wieder von einer Person gebraucht zu werden und auf verschiedene Weisen voneinander abhängig zu sein, kann für viele aufgrund der individuellen Prägung den Grund der eigenen Existenz darstellen. Daher kann sich das Ende einer Beziehung anfühlen, als habe man seine Identität verloren. Wenn die Beziehung nicht besteht, oder auch wenn der/die Partner:in mal keine Zeit für mich hat, fühle ich mich in meiner Existenz bedroht, leer und verloren. 

Du brauchst mich, ich brauche Kontrolle – ich kümmere mich 

In der Co-Abhängigkeit sind wir von Angst zerfressen. Angst, dass es unserem Gegenüber nicht gut geht und wir verantwortlich sind. Angst nicht zu genügen, keine Anerkennung zu bekommen und verlassen zu werden – und dadurch unseren Sinn und unsere Identität zu verlieren. Um diese Angst zu beherrschen versuchen wir in Beziehungen unseren Partner zu kontrollieren. Oft suchen wir uns daher einen Partner aus, der in irgendeiner Weise hilfsbedürftig erscheint. So können wir uns kümmern und unseren Partner ändern oder heilen.

Konkret versucht man in dieser Dynamik die Beziehung zu kontrollieren, indem man beispielsweise auf Biegen und Brechen Konflikte vermeidet, um die psychische Gesundheit des Partners nicht zu gefährden. Oder, wenn man dem/der Chef:in des Partners/der Partnerin ausgedachte Ausreden vorträgt, wieso er/sie nicht zur Arbeit erscheinen kann. Die Liste ist lang. Dass dieses Verhalten aber auch Druck auf unser Gegenüber ausüben kann, ist uns in der Co-Abhängigkeit nicht bewusst. 

Von Co-Abhängigkeit zu Unabhängigkeit 

Am grundlegendsten um ein unabhängiges, selbstbewusstes Leben führen zu können ist das Bewusstsein darüber, wer wir sind und was uns wichtig ist. Dies kann uns nur bewusst werden, wenn wir uns als wertvoll genug erachten uns selbst in unseren Fokus zu setzen. Ein erster wichtiger Schritt kann hier sein ein Hobby nur für dich allein zu finden, dass dir Spaß macht und nur diesem Zweck dient.

Auf lange Sicht muss sich die Grundüberzeugung, dass wir nur liebenswert sind, wenn wir anderen gefallen, auflösen. Das ist schwierig und kann lang dauern. Unser Selbstverständnis ist sehr komplex. Ein funktionales Selbst erfordert viel Arbeit – therapeutische Unterstützung kann hier immens hilfreich sein. 

Merke dir aber: Du hast es verdient Liebe zu erfahren und es genügt völlig, wenn du authentisch als du selbst – mit allen Eigenschaften, Bedürfnissen, Grenzen und Wünschen – auftrittst. Es ist nicht nötig, dass du dich selbst aufgibst, um gemocht zu werden. 



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