Katrins Geschichte

Ich bin 31 Jahre alt und habe seit ungefähr 10 Jahren mit einer generalisierten Angststörung und Depressionen zu tun. Ich schreibe bewusst nicht “zu kämpfen”, weil ich für mich entschieden habe, dass Akzeptanz und Selbstfürsorge der gesündere Weg ist.

 

Panikattacke beim Arzt

Ich hatte im vergangenen Jahr einen kleinen ambulanten Eingriff beim Hautarzt, bei dem mir ein Leberfleck entfernt wurde. Da ich im Vorfeld über mögliche allergische Reaktionen auf die örtliche Betäubung gelesen habe, bestand natürlich große Angst. Das Gedankenkarrussel drehte sich und immer mehr Risiken und “Worst-Case”-Szenarios wuchsen in meinem Kopf. Nachdem mir damals die Hautärztin die Spritze gesetzt hatte, bekam ich eine ziemlich heftige Panikattacke. Ich konnte mich nach einer Weile wieder beruhigen und die Ärztin konnte den Leberfleck entfernen.

 

Die Angst vor der Angst

Nun stand dieses Jahr wieder der gleiche Eingriff an. Die Hautärztin von damals bat darum, dies in der Hautklinik durchführen zu lassen, aufgrund meiner Reaktion aus dem letzten Jahr. Ich dachte bis kurz vor dem Termin, dass meine Angst diesmal leichter zu handhaben wäre, weil ich ja bereits im Vorjahr den Ablauf durchgestanden hatte. Tatsächlich wuchs die Angst diesmal aber erneut. Diesmal war es aber die Angst vor der Angst, also vor einer erneuten Panikattacke im bekannten Ausmaß als Reaktion auf die örtliche Betäubung.

 

Keine Begleitperson im OP

Ich wurde also diesmal in einer größeren Hautklinik in den OP-Bereich gebracht. Ich durfte keine Begleitperson dabei haben, was die Sache für mich nicht leichter gemacht hat. Im Vorgespräch habe ich mehrfach auf meine Angststörung hingewiesen und dies wurde auch in meinen Unterlagen vermerkt. Nachdem ich meine Kleidung abgelegt hatte und in entsprechender “Montur” in den OP gebracht wurde, zerfiel natürlich jeglicher Mut in tausend Teile. Ich musste auf den Tisch steigen und mich hinlegen. Über mir die großen OP-Lampen. Insgesamt also eine sehr triggernde Situation. Ich war nicht mehr nur den Tränen nah, nein, ich war mittlerweile auch schon in Tränen ausgebrochen.

 

Meine Angst wurde nicht ernst genommen

Der erste Arzt der mich begrüßte war ein Assistenzarzt, der sich wirklich allergrößte Mühe gab, mir meine Angst zu nehmen. Er nahm meine Sorgen sehr ernst und entschied sich, mir einen Zugang zu legen, um mir Medikamente verabreichen zu können, wenn nötig. Kurz darauf polterte der zuständige Oberarzt in den OP und es gab eine kurze verbale Auseinandersetzung vor meinen Augen. Der Oberarzt bat den Assistenzarzt sehr unsanft “so einen Scheiß” zu unterlassen. Eine eventuelle Unverträglichkeit auf Betäubungsmittel müsse im Vorfeld abgeklärt werden. Ich habe dann versucht dem Oberarzt zu erklären, dass es sich um keine allergische Reaktion in der Vergangenheit gehandelt hat und habe versucht zu erklären, was damals ablief. Einzige Reaktion darauf war “Is’ also nur die Birne?” Ich lag also heulend auf dem OP-Tisch und musste mir anhören, dass mein Problem ja schließlich nur mein Kopf sei.

 

Ich fühlte mich nicht verstanden

Der Oberarzt entschwand daraufhin so schnell wie er reinkam wieder aus dem OP und ich war wieder alleine mit dem Assistenzarzt. Die Angst wurde immer größer und ich bekam leichte Anflüge von Panik, woraufhin der Arzt plötzlich dazu umschwenkte, mir zu “drohen”, dass man die OP dann nicht durchführen könnte und ich eben wieder gehen müsste. Insgesamt natürlich kein befriedigendes Ergebnis für jemanden, der sich seinen Ängsten stellen will und einfach nur ein wenig Unterstützung auf diesem Weg benötigt.

 

Verständnis und Akupunktur

Plötzlich kam ein dritter Dermatologe in den OP. Mein Retter. Seine ersten Worte waren “Na na na, jetzt aber mal langsam. Das schaffen wir doch, das wäre doch gelacht.” Anschließend fragte er mich, ob ich generell ein Problem mit Nadeln habe und bat mich, mich mit Akupunkturnadeln unterstützen zu dürfen. Er setzte eine Nadel gegen Übelkeit und eine Nadel zur Beruhigung meines vegetativen Nervensystems. Währenddessen fragte er nach den Hintergründen und dem Ursprung meiner Angststörung. Beim Erzählen wurde ich allmählich ruhiger.

 

Ich soll mich meinen Ängsten stellen

Er schaffte es mich so weit zu beruhigen und stärken, dass er mir die örtliche Betäubung spritzen konnte, ohne dass ich in Panik verfiel. Auch die Entfernung des Leberflecks im Anschluss war kein Problem mehr. Er erzählte mir von einigen neuen Erkentnissen der Wissenschaft im Bezug auf den Zusammenhang von Körper und Geist und wir hatten eine wirklich nette Unterhaltung. Nach der Behandlung bestärkte er mich auf meinem Weg, mich meinen Ängsten zu stellen und weiterhin positive Erfahrungen zu sammeln, um auch langfristig für mich schwierige Situationen meistern zu können.

 

Vergleiche deine Erfolge nicht mit denen von anderen

Ich habe in diesem Jahr bereits einige Dinge getan, die normalerweise undenkbar gewesen wären. Ich bin wieder geflogen, ich war in einem Kletterwald und in luftiger Höhe durch die Bäume geturnt, habe ein Festival besucht auf dem sehr große Menschenmassen um mich herum waren und habe es zum zweiten Mal geschafft mir einen Leberfleck entfernen zu lassen. Das mögen für die allermeisten Menschen keine großen Aufgaben sein, für mich sind sie das aber allemal. Erfolge definiert jeder für sich selbst. Ich habe gelernt, dass man immer nur für sich bewerten darf, ob etwas schwierig oder einfach ist. Das ist für mich ein wichtiger Schritt zur Selbstakzeptanz und Selbstfürsorge, was beides wirklich wichtige Themen sind um Bezug auf Depressionen und Ängste.

 

Vertraue dich jemandem an und sprich über deine Angst

Erfolge geben mir Kraft, Antrieb und Selbstsicherheit. Es ist mit Rückschritten verbunden, sich seinen Ängsten zu stellen. Das ist normal und gehört dazu. Wenn man sich “Verbündete” sucht, fällt es aber leichter, Situationen zu meistern. Menschen, die einem helfen, durch die Hintertür zu flüchten, wenn die Situation es nicht zulässt, sie weiter auszuhalten. Sozusagen ein Plan B, bei dem man Unterstützung hat. Und vor allem, über die Angst sprechen. Nicht nur die inneren Monologe führen, die teils wirklich unrealistische Szenarien spinnen und fernab jeglicher Statistiken Wahrscheinlichkeiten ins unermessliche steigen lassen.

 

Trau dir selbst etwas zu

Seid mutig! Auch wenn euch vor den Kopf gestoßen wird. Es fühlt sich so gut an, sich selbst Dinge zuzutrauen. Man kann und schafft immer mehr als man denkt. Aber genauso ist es auch keine Schande, sich für den Moment Ruhe zu gönnen und sich bewusst keiner Konfrontation auszusetzen. Für sich selbst einstehen bedeutet nicht nur, zu kämpfen. Sondern im richtigen Moment, die passende Entscheidung zu treffen, die so gerade das Beste für einen selbst ist.

 

 

 


Wenn du gerade selbst mit Angst, Depressionen oder anderen psychischen Herausforderungen kämpfst, haben wir hier für dich die ersten Hilfemöglichkeiten aufgeschrieben und auch einen Brief an dich geschrieben. DU kannst auch andere ermutigen, erzähle Deine Geschichte! Wir freuen uns auch riesig über deine Nachricht oder deinen Kommentar! Wenn dir der Blog gefallen hat, kannst du ihn natürlich gerne liken, teilen und uns auf Facebook und Instagram folgen @theoceaninyourmind.

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